Die Verwendung eines Attestes des Arztes Rolf Kron, das vom Tragen einer Maske befreien sollte, wurde einer Rentnerin von der Staatsanwaltschaft München I zunächst als Straftat vorgeworfen. Weil sie auf einer (Coronamaßnahmen-kritischen) Versammlung am 06. Januar 2021 am Stachus in München keine Maske trug und auf Aufforderung der Polizei das Attest vorzeigte, hielt man ihr vor, dies sei der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gewesen, also eine Straftat nach § 279 StGB (alte Fassung).
Zunächst bot man ihr an, gegen Zahlung von 350 Euro die Angelegenheit nicht weiter zu forcieren.
Dies lehnte die Rentnerin, die sich keiner Schuld bewusst war, sondern erstens auf die Richtigkeit des Attestes vertraute und zweitens davon überzeugt war, dass ihr das Tragen einer solch gesundheitsbeeinträchtigenden Mund-Nasen-Bedeckung oder Maske nicht zumutbar sei, strikt ab.
So kam es am 03. Februar 2022 zur erstinstanzlichen Strafverhandlung vor dem Amtsgericht München. Die inzwischen nicht mehr in München wohnende Rentnerin beantragte, der Ladung nicht folgen zu müssen, da es ihr eben nicht zumutbar sei, per Zug und U-Bahn zu dem Termin anzureisen, wo FFP2-Tragepflicht bestünde, was sie aus Gesundheitsgründen nicht könne. Und: Würde sie etwa bei Gericht erneut das Attest herzeigen, würde man ihr das womöglich als weitere Straftat auslegen. Die Zeiten des Tragen-Müssens am 03.02.2022, selbst wenn es ihr zumutbar wäre (was aber nicht der Fall ist), würden zudem weit über den zeitlichen Grenzen liegen, wie sie etwa arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen vorsähen. Das Gericht gestattete in der Folge ihre Abwesenheit und führte die Verhandlung nur mit ihrem Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Vogler.
Während der Hauptverhandlung bot die Staatanwaltschaft nochmals eine Einstellung nach § 153a StPO gegen die Auflage Zahlung von 350 Euro an eine soziale Einrichtung an, was jedoch erneut nicht akzeptiert wurde. Das Amtsgericht in Person der Strafrichterin Dr. Wölk folgte jedoch nicht seinem Vortrag zur Verteidigung, sondern verhängte eine Geldstrafe von 35 Tagessätze à 40 Euro. Insbesondere weil es zu keiner Untersuchung der Angeklagten in der Arztpraxis vor Attesterstellung gekommen sei, seien die Tatbestandsmerkmale erfüllt.
Umgehend legte die Angeklagte Berufung ein, was die Staatsanwaltschaft, die auf lediglich 5 Tagessätze mehr (sic!) an Strafmaß plädiert hatte, ebenfalls tat.
Zunächst wurde für eine Berufungsverhandlung am 07. September 2022 vor dem Landgericht München I geladen, doch am 22. August 2022 wurde eine zeitliche Verlegung auf den 23. November 2022 verfügt.
Ebenfalls am 22. August 2022 wurde von der Angeklagten ein (weiterer und letzter) Schriftsatz an das Gericht (inzwischen also an das Landgericht) geschickt (bei welchem sie der Verfasser dieses Artikels unterstützte). Sie fügte als Anlage auch ein (neues) Befreiungsattest an, welches sie am 06. Juli 2022 von einem anderen Arzt erhalten hat.
Es wurde darin u.a. auf eine zwischenzeitlich erfolgte, wegweisende Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts verwiesen, nämlich auf das Urteil vom 18. Juli 2022 – Az. 203 StRR 179/22. Aber auch einige andere Argumente wurden vorgetragen. Am Schluss wurde eine Verfahrenseinstellung beantragt, aber nur, wenn die Kosten (notwendigen Auslagen für die Verteidigung in beiden Instanzen) von der Staatskasse übernommen würden.
Siehe den beigefügten Schriftsatz:

Schrifsatz-an-LG-M-I-22.08.2022-anonymisiert

Es passierte daraufhin allerdings nach außen hin fast 3 Monate lang nichts Erkennbares.
Erst zwei Tage vor der geplanten Berufungshauptverhandlung rief die Vorsitzende Richterin der zuständigen kleinen Strafkammer beim Verteidiger an. Sie erläuterte, die Staatsanwaltschaft habe ihre Berufung zurückgezogen und wäre, wenn die Angeklagte zustimme, mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO [Absehen von Verfolgung bei Geringfügigkeit] einverstanden. In dem Fall wäre die Staatsanwaltschaft überdies damit einverstanden, die notwendigen Kosten der Staatskasse aufzuerlegen. Rechtsanwalt Vogler hielt Rücksprache mit seiner Mandantin, welche – wenig überraschend – mit dem einverstanden war, was sie schon am 22. August selbst beantragt hatte.
Für die Staatsanwaltschaft stellt dies eine Art gesichtswahrenden Ausweg dar. Schließlich wäre es im Falle einer Verhandlungsdurchführung mit doch einiger Wahrscheinlichkeit zu einem Freispruch gekommen.
Bemerkenswert an der Bereitschaft der Staatsanwaltschaft München I ist, dass diese ihrerseits ebenfalls auf die Entscheidungsgründe des wegweisenden einschlägigen Urteils des BayObLG vom 18.07.2022 zurückgriff. Hier die Verfügung der Staatsanwaltschaft, die dem Landgericht zuging (gelbe Hervorhebung hinzugefügt; rbk):

Verfuegung-StA-weitergeleitet-von_LG_M_I_Fax_21_11_2022-anonymisiert

Hier der verfahrensbeendende Einstellungsbeschluss der Vorsitzenden Richterin:

Beschluss-LG-Mch-I-22-11-2022-26-Ns-Js-146409-21

Für andere Betroffene bzw. Angeklagte, die u.a. noch „Maskenverfahren“ offen haben, ist dieser Erfolg sicher ermutigend. Verfolgten Atteste ausstellenden Ärzten ist dies auch zu wünschen.

PS: Die „Bilanz“ in dem scheinbaren „ewigen Duell“ zwischen dieser vorgeblichen „Reichsbürgerin“ (laut bayer. Polizei) und BRD-Behörden (gemeint sind Vorgänge der letzten Jahre, die vor einem [in dem Fall jeweils Münchener] Gericht landeten) sieht nach einem wahren Kantersieg für die (von mir dabei stets unterstützte) Dame aus: 7 : 0 ! Kein Verfahren ging verloren. Selten, erstaunlich und doch wahr.

Von rbk