von Michel Chossudovsky, Übersetzung von rbk

18. April 2006

GlobalResearch.ca

Abu Mussab al-Sarkawi ist sowohl von der Bush-Administration als auch den westlichen Medien als führender Kopf hinter dem „Aufstand“ im Irak präsentiert worden, angeblich verantwortlich für die Massaker an irakischen Zivilisten.

Sarkawi ist der äußere Feind Amerikas. Die Bush-Administration hat wiederholt in offiziellen Stellungnahmen, einschließlich präsidialer Reden, nationaler Sicherheitsdokumente etc. auf die Notwendigkeit hingewiesen, Abu Mussab al-Sarkawi und Osama bin Laden zu „verfolgen“.

„Sie wissen, ich hasse es, Gewalt vorherzusagen, aber ich verstehe nur die Natur der Killer. Dieser Bursche, Sarkawi, ein al-Qaida-Verbündeter – der übrigens vor der Entfernung Saddam Husseins in Bagdad war — ist noch auf freiem Fuß im Irak. Und wie Sie sich vielleicht erinnern, ist es Teil seines Operationsplans, durch kaltblütiges Töten Gewalt und Zwietracht unter den verschiedenen Gruppen im Irak zu säen. Und wir müssen dabei helfen, Sarkawi zu finden, so daß das irakische Volk eine hellere – glänzende Zukunft haben kann.“ (George W. Bush, Pressekonferenz, 1. Juni 2004)

Das offizielle Mandat der US-amerikanischen und britischen Besatzungs­truppen ist es, im Namen des irakischen Volks den “Krieg gegen den Terrorismus” zu führen und zu gewinnen. Sarkawi begründet Washingtons Rechtfertigung für die fortgesetzte militärische Besetzung des Irak, ganz zu schweigen von der brutalen Belagerung dicht bevölkerter städtischer Areale, die gegen „al-Qaida im Irak“ gerichtet sind, welcher man nachsagt, von Sarkawi angeführt zu werden. 

Koalitionstruppen werden aufrechterhalten, um eine “friedenserhaltende Rolle” in Absprache mit den Vereinten Nationen zu spielen.

Die westlichen Medien haben im Chor beständig die Rechtmäßigkeit des „Kriegs gegen den Terrorismus“ erklärt. Sie haben nicht nur Sarkawi als einen brutalen Terroristen dargestellt, sie haben es auch versäumt, über die Desinformationskapagne des Pentagon zu berichten, die seit 2002 bekannt und dokumentiert gewesen ist.

Das Sarkawi-Programm des Pentagon zur Psychologischen Kriegsführung (PSYOP)

In einer ungewöhnlichen Wendung hat die Washington Post kürzlich in einem Artikel eingeräumt, daß die Rolle Sarkawis vom Pentagon absichtlich „vergrößert“ worden ist, mit dem Ziel die öffentliche Unterstützung für den von den USA und Großbritannien geführten „Krieg gegen den Terrorismus“ zu bestärken:

„Die Sarkawi-Kampagne wird in mehreren internen Militärdokumenten diskutiert. ´Sarkawi diffamieren / fremdenfeindliche Antwort zum eigenen Vorteil nutzen´, legte eine Lagebesprechung des US-Militärs von 2004 dar. Sie listete drei Methoden auf: „Medienoperationen“, „Spezialoperationen (626)“ (eine Referenz auf die Task Force 626, eine Elite-Einheit des US-Militärs mit dem primären Auftrag, im Irak hochrangige Funktionäre aus Husseins Regierung zu jagen) und „PSYOP“, die Bezeichnung des US-Militärs für Propagandaarbeit…“(Washington Post [WP], 10. April 2006)

Das Propagandaprogramm des Militärs ist gemäß der Washington Post  „weitgehend auf Iraker ausgerichtet gewesen”, aber scheint in die US-Medien übergeschwappt zu sein. Ein Lagebesprechungsdia über „strategische Kommunikation“ der USA im Irak, das für Army-General George W. Casey Jr., US-Oberbefehlshaber im Irak, vorbereitet worden war, beschreibt die „heimatliche Zuhörerschaft“ als eine von sechs Hauptzielgruppen der amerikanischen Kriegspartei.“ (WP, ebenda)

Ein internes Dokument, welches vom US-Militärhauptquartier im Irak produziert worden war, stellt fest, daß “das Sarkawi PSYOP-Programm die bislang erfolgreichste Informationskampagne ist.“ (WP, ebenda).

Der hochrangige Kommandeur, dem die PSYOP-Operation des Pentagon anvertraut worden war, ist General Kimmitt, der nun die Position eines ´Senior´-Planers beim US Central Command (USCENTCOM) bekleidet und verantwortlich für die Ausrichtung von Operationen im Irak und dem Mittleren Osten ist.

„In den Jahren 2003 und 2004 koordinierte er öffentliche Angelegenheiten, Informationskampagnen und psychologische Operationen im Irak — obwohl er in einem Interview sagte, die interne Lagebesprechung müsse mißverstanden werden, weil eigentlich nicht er die psychologischen Operationen ausgeführt habe und nicht für diese sprechen könne. Kimmitt sagte: „Es gab klar eine Informationskampagne, um das öffentliche Bewußtsein dafür zu wecken, wer Sarkawi war, primär für die irakische Zuhörerschaft, aber auch für die internationale Zuhörerschaft.“

Ein Ziel der Kampagne war es, durch die Betonung der Terrorakte Sarkawis  und des ausländischen Ursprungs einen Keil in den Aufstand zu treiben, sagten mit dem Programm vertraute Offiziere. „Durch aggressive Strategische Kommunikation repräsentiert Abu Mussab al-Sarkawi nun: Terrorismus im Irak/Ausländische Kämpfer im Irak/Leiden des irakischen Volks (Angriffe auf die Infrastruktur)/Leugnung irakischer Bestrebungen,“ erklärte die gleiche Lagebesprechung…

Es ist schwierig zu bestimmen, wieviel für die Sarkawi-Kampagne aufgewendet wurde, welche vor zwei Jahren begann und von der anzunehmen ist, daß sie weiter andauert. Die US-Propaganda-Anstrengungen im Irak im Jahr 2004 kosteten 24 Millionen Dollar, aber das beinhaltete sowohl den extensiven Bau von Büros und Wohnungen für die beteiligten Truppen, als auch Radioausstrahlungen und die Verteilung tausender Flugblätter mit Sarkawis Gesicht darauf, sagte der Offizier über die Hintergründe…

Das Sarkawi-Programm beim Pentagon wurde gleichzeitig mit einer verwandten Operation durchgeführt, welche „von der Lincoln-Gruppe, einem US-Beratungsunternehmen geleitet wurde, um pro-amerikanische Artikel in irakischen Zeitungen zu plazieren, so zu den Hintergründen der Offizier, der mit dem Programm vertraut ist.“ Gemäß der Washington Post gab es jedoch keine Beziehung zwischen dem PSYOP-Programm des Pentagon und jenem, das die Lincoln-Gruppe im Auftrag des Pentagon durchführte. (WP, 10. April 2006)  

Desinformation und Kriegspropaganda sind ein integraler Bestandteil der Militärplanung. Was die Washington Post zu erwähnen unterläßt, ist jedoch ihre eigene Rolle bei der Aufrechterhaltung der Sarkawi-Legende, zusammen mit den TV-Sendergruppen, dem Großteil der Printmedien und natürlich CNN und Fox News, ganz zu schweigen von einem signifikanten Teil der alternativen Medien. Desinformation bezüglich des Kriegs gegen den Terrorismus ist in die Nachrichtenkette durch eine begrenzte Zahl von “Spitzen-Fütterern” eingespeist worden:

Relativ wenige Korrespondenten mit guten Kontakten liefern die “Sensationsnachrichten”, die von relativ wenigen Mainstream-Nachrichtenquellen berichtet werden – den vier TV-Sendergruppen, TIME, Newsweek, CNN – wo die Parameter der Debatte festgelegt werden und die „offizielle Realität“ für die Grund-Einspeiser in die Nachrichtenkette abgesegnet wird. In anderen Ländern ist das als Propaganda bekannt – oder, weniger höflich ausgedrückt, als psychologische Kriegsführung. (Chaim Kupferberg, The Propaganda Preparation for 9/11)

Sarkawi ist von den US-Medien als hinter dem “Aufstand” in Falludscha, Tal Afar und Samarra stehend identifiziert worden. Er wurde sowohl für die Hotel-Bombenanschläge in Amman verantwortlich gemacht, als auch für die Terroranschläge in mehreren westlichen Hauptstädten. Er steht unauslöschlich hinter Selbstmordbombenanschlägen im Irak, wie die Washington Post bekräftigt: „Die regierende Schiitenführung hat Sarkawi klar im Visier. Er hat die Selbstmordbomber angeführt, deren schiitische Opferzahl nun in die Tausende steigt.“ (11. Dezember 2005). 

Die Pentagon-PSYOP ist eine Vertuschung von US-finanzierten Greueltaten seitens der US-Medien, die in ihren Nachrichten und Leitartikeln über die irakische Widerstandsbewegung den Fokus auf den “Schurken Sarkawi“ gerichtet hielten. 

Der Spitzenoffizier des US-Militärgeheimdienstes im Irak sagte, Abu Mussab Sarkawi und seine ausländischen und irakischen Verbündeten haben im wesentlichen den Aufstand kommandiert und sind so zur dominierenden Widerstandskraft und zur größten unmittelbaren Bedrohung für die US-Ziele im Land geworden.

„Ich denke, was wir hier wirklich haben, das ist ein Aufstand, der von einer terroristischen Kampagne übernommen worden ist“, sagte Army-Generalmajor   Richard Zahner in einem Interview. „Zum Teil hat Sarkawi dadurch, daß er das Gesicht dieser Sache geworden ist, sicherlich die Finanzierung und die mediale Beachtung bekommen, und offen gesagt, hat das anderen Leuten erlaubt, auf seinem Weg mitzumachen.“ (WP, 25. September 2005)

Inmitten des fortdauernden Blutvergießens im Irak gibt es Anzeichen für ein neues Denken. Der Wechsel ist ironischerweise durch Abu Mussab Sarkawi selbst herbeigeführt worden, dessen wahlloser Terrorismus darin Erfolg zu haben scheint, die Leute dort in der Ablehnung seiner globalen Dschihad-Ideologie zu vereinen. Seit den Hotelbombenanschlägen in Sarkawis Heimat Jordanien haben mehr und mehr sunnitische Iraker und Araber die albtraumhafte Vision des Terroristenführers für ihre Gesellschaften verdammt – eine die weitere „katastrophale“ Selbstmordanschläge verspricht. (WP, 4. Dezember 2005)

Sofortiger Rückzug aus dem Irak ist keine Option, die die US-Administration in Erwägung ziehen kann oder sollte. Dies würde Abu Mussab Sarkawi und seiner kleinen Bande ausländischer Kämpfer die Gelegenheit geben, den Sieg zu reklamieren und zu verkünden, daß sie erfolgreich eine Supermacht besiegt hätten. Dies würde den Einfluß al-Qaidas im ganzen Mittleren Osten und andernorts stärken und zu größerer Instabilität in der Region führen. (WP, 11. Dezember 200[5])

Die US-Medien haben die Natur des Aufstands identifiziert, der auf der Schlüsselrolle Sarkawis basiert und Verbindungen zum früheren Baath-Regime hat:

„Das Rückgrat des Aufstands scheint eine Allianz zwischen ewiggestrigen Baathisten und dem Terror-Netzwerk von Terroristen, die meistens unter dem Kommando von Abu Mussab Sarkawi stehen, zu sein. Es ist eine Partnerschaft zum gegenseitigen Vorteil; beide Gruppen kämpfen die gleiche Schlacht, aber aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Zielen. (WP, 8. Mai 2005)

[H]ohe Beamte im Pentagon und im Irak sagen, sie glauben daß Herr Sarkawi und das “Gravitationszentrum” des Aufstands jetzt  in den Biegungen und Städten der Euphrat-Tals nahe der syrischen Grenze sind. (New York Times, 17. September 2005)

In Falludschah wurde die Belagerung der Stadt, die in Tausenden von zivilen Toten mündete, als Schlacht gegen das „Sarkawi-Netzwerk“ beschrieben: 


Schlußbemerkungen

Wenn in der Tat Sarkawis Rolle fabriziert wurde als Teil der Pentagon-PSYOP, was ist dann an diesen Medienberichten richtig?

Die internen Militärdokumente, die zur Washington Post durchsickerten, bestätigen, daß das Pentagon in einer andauernden Propaganda-Kampagne involviert ist, die versucht, dem Feind ein Gesicht zu geben. Der Zweck hierfür ist, den Feind als einen Terroristen zu porträtieren, um die öffentliche Meinung in die Irre zu führen. 

Gegenterrorismus und Kriegspropaganda sind miteinander verflochten. Der Propaganda-Apparat füttert Desinformation in die Nachrichtenkette. Das Ziel ist, die Terrorgruppen als “Feinde Amerikas”, welche für zahllose Greueltaten im Irak und in aller Welt verantwortlich seien, zu präsentieren. Das dahinterstehende Ziel ist es, die öffentliche Meinung für die Unterstützung von Amerikas Kriegsagenda im Mittleren Osten zu elektrisieren.

Der US-Militärgeheimdienst hat seine eigenen Terroristenorganisationen kreiert. In der Folge hat er ein zusammenhängendes, viele Milliarden Dollar teures Gegenterrorismus-Programm entwickelt, um diese Terroristenorganisationen „zu verfolgen“. Um seine außenpolitischen Ziele zu erreichen, müssen die Bilder der Terrorismus im irakischen Kriegsgebiet in den Köpfen der Bürger lebendig bleiben, die beständig an die terroristische Bedrohung erinnert worden. Die irakische Widerstandsbewegung wird so beschrieben, daß sie aus Terroristen bestehe, die von Sarkawi angeführt würden. 

Die Propaganda-Kampagne präsentiert unter Ausnutzung der westlichen Medien die Portraits der Anführer hinter dem Terrornetzwerk. Mit anderen Worten gibt sie auf der Ebene dessen, was eine “Werbe”-Kampagne ausmacht, “dem Terror ein Gesicht“.

Der „Krieg gegen den Terrorismus“ beruht auf der Schaffung eines oder mehrerer böser „Schwarzer Männer“, der Terroranführer, Osama bin Laden, Abu Mussab Al-Sarkawi, et al., deren Namen und Photos bis zum Erbrechen in täglichen Nachrichtenmeldungen präsentiert werden. Ohne Sarkawi und bin Laden würde der “Krieg gegen den Terrorismus“ seine Raison d’être (Daseinszweck) verlieren. Der hauptsächliche Casus belli (Kriegsgrund) ist es, einen der “Krieg gegen den Terrorismus“ zu führen. 

Die Pentagon-Dokumente über Sarkawi, die zur Washington Post durchsickerten, haben enthüllt, daß al-Qaida im Irak eine Fabrikation ist.

Die Selbstmordanschläge im Irak sind in der Tat real, aber wer steckt hinter ihnen? Es gibt Hinweise darauf, daß einige der Selbstmordanschläge seitens der Militärs und Geheimdienste der USA und Großbritanniens organisiert worden sein könnten (siehe die Verweise unten auf Artikel zu britischen Special-Forces-Soldaten, die mit Bombenmaterial in Basra gefaßt wurden).

 

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